Die grundlegende Allgemeinbildung wird in den ersten acht Schuljahren durch die Persönlichkeit des Klassenlehrers im Rahmen von Hauptunterricht und Epochenunterricht vermittelt. Die durch den intensiven täglichen Kontakt von Klassenlehrer und Schülern entstehende besondere Vertrautheit bildet einen besonderen Wärme-, Erkenntnis- und Gestaltungsraum. Der Klassenlehrer beobachtet und fördert über Jahre die individuelle Entwicklung jedes Kindes.
Wichtige Prinzipien der Waldorfpädagogik in den ersten acht Schuljahren sind:
Epochenunterricht: Wir gehen davon aus, dass ein Kind tiefer in schulische Themen eintauchen und sich mit ihnen verbinden kann, wenn diese täglich über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen unterrichtet werden, als wenn der gleiche Unterricht stundenweise über das ganze Jahr verteilt stattfände. In diesem Sinne werden die geistes- und naturwissenschaftlichen Kernfächern als Blockunterricht erteilt.
Hauptunterricht: Im so genannten Hauptunterricht wird die jeweilige „Epoche“ als Doppelstunde zu Beginn des Tages unterrichtet. Der zeitliche Umfang des Hauptunterrichtes bietet mehr Gestaltungs- und Wirkmöglichkeiten als eine klassische 45-Minuten-Stunde.
Nachahmung: Die Waldorfpädagogik arbeitet im Unterricht der ersten beiden Schuljahre noch mit den kindlichen Nachahmungskräften. Diese Kraft ermöglicht den Schülern ein unmittelbares, gefühlsmäßiges Eintauchen in das zuLernende.
„Nachfolge und Autorität“: Naturgemäß schwinden im Alter von 9-10 Jahren die kindlichen Nachahmungskräfte allmählich. Nun sind es die menschlichen „Vor-Bilder“, an denen das Kind in den nächsten Schuljahren nicht nur am meisten und am nachhaltigsten, sondern auf gesunde Weise lernt. Wir gehen also davon aus, dass es dem Kind bis zu einem bestimmten Alter ein inneres Bedürfnis ist, sich einer Autorität anzuschließen. Die Waldorfpädagogik nennt dieses Prinzip „Nachfolge und Autorität“.
Bildhaftes Unterrichten: „Dem Bild eignet eine belebende, schöpferische Kraft, die dem bloßen Begriff nicht innewohnt.“ (Rudolf Steiner)
Auf dem Weg zum bestmöglichen unterrichtlichen Erfolg geht die Waldorfschule davon aus, dass ein mit vielen Empfindungen und Gefühlen durchsetztes Lernen in den unteren und mittleren Schuljahren (Klasse 1-8) weitreichendere und nachhaltigere Lernprozesse veranlagt als abstraktes Vermitteln von Fakten und Wissen. Bildhaftes Erleben des zu Lernenden bereichert demnach die Vorstellung der Kinder und veranschaulicht ihnen Gedanken oder Begriffe. Auf diese Weise wird das zu Lernende tief und fest in der kindlichen Seele verankert. Die Kinder lernen hörend, sprechend, singend und spielerisch. Die Unterrichtsinhalte werden im so genannten „bildhaften Unterricht“ allmählich konkretisiert und am Ende begrifflich erfasst.
Religiosität: Eine natürliche, konfessionslose und christlich geprägte „Religiosität“ ist in der Waldorfschule ein wichtiges Erziehungsmittel. Die Begegnung mit der von einer Höheren Macht „geschöpften“ Welt sowie die Gewissheit, dass die Welt einen geistigen Urgrund und ein ebensolches Ziel hat, helfen dem Kind, einen lebensbejahenden Standpunkt zu entwickeln.
Klassengemeinschaft: In der Waldorfschule gibt es keine Tests, Noten oder Sitzenbleiben. Dadurch bleiben die Kinder einer Klasse viele Jahre lang zusammen und bilden eine Lerngemeinschaft. Über Jahre wachsen so Kenntnis und Verständnis für die individuellen Fähigkeiten und die Entwicklung jedes einzelnen Schülers. Die Schülerinnen und Schüler üben dabei in besonderer Weise Verantwortlichkeit, Hilfsbereitschaft und den Umgang mit Konflikten.